Hund beisst zu - Kind

In den vergangenen Tagen gab es mehrere Hundebisse, die den Weg in die Medien fanden. Sofort preschen die "Experten" vor, ohne die Fakten überhaupt zu kennen und die Meinungen in den Kommentarspalten schütten ihr Gift und Galle mit dazu. Eine teuflische Mischung aus Halb- & Nichtwissen und Meinungen entsteht.

Jeder Biss eines Hundes ist ein traumatisches Erlebnis und einer zu viel.

Für alle Beteiligten. Egal ob der Gebissene ein Mensch oder Hund oder anderes Tier ist. 

Der Hund der gebissen hat, hat das aus einer starken Motivation gemacht, die aus Sicht des Halters/Hundeaufsichtsperson nicht erkannt und verhindert wurde und die für ihn in der Sekunde die einzige Handlungsvariante war, die für ihn abrufbar war. 

Die Verletzen und deren Angehörige erleben ein grauenhaftes Trauma, körperlicher und seelischer Art. Es hinterlässt  Narben die teilweise Jahre brauchen um zu verheilen und die viele therapeutisches Nachbearbeiten erfordern. 

Der Besitzer und derjenige der beim Vorfall anwesend waren, haben auch ein Trauma. Gefühle wie Wut, Angst, Trauer, Ohnmacht, Schockstarre treten auf. Massiver Schaden im Vertrauen zum eigenen Hund, Ohnmacht gegenüber dem Geschehen, Unsicherheit im eigenen Verständnis im Umgang mit dem geliebten Vierbeiner, Fehlersuche im eigenen Verhalten und stehen dann mit all den vielen Fragen oftmals vor einer hässlichen Wand der öffentlichen Vorwürfen, die von allen Seiten auf sie einprasseln. 

Im aktuellen Fall ist die Faktenlage dünn. Denn, die paar Beobachtungen die hier in der Zeitung stehen, sind ein Bruchteil der Faktoren, die es sorgfältig gilt zu analysieren, wieso es zu dem Vorfall kam!

Jeder der sich dazu verleiten lässt, daraus voreilige Schlüsse zu ziehen über den Grund der Attacke, arbeitet unseriös und ignoriert die Tools, die das Handwerkzeug der Hundeverhaltensberatung kennt.

Entweder weil er sie gar nicht kennt oder weil die Motivation der Äusserung nur blosse Effekthascherei der  kurzfristigen medialen Aufmerksamkeit gilt.

Es fallen dann auch schnell Stammtischparolen, "Grenzen nicht zeigen/Leckerli geben" und und und.... Wähle bewusst das Wort Stammtisch, denn ein jeder der eine fundierte Ausbildung im Bereich Hundetrainer und Hundeverhaltensberater hat, hütet sich davor, wissenschaftliche Methoden ins lächerliche zu ziehen. Wer sind denn wir, die sich anmassen, über ein Jahrhundert an wissenschaftliche Studien zu ignorieren? 

Das diese Thematik aber immer noch nicht alle verstanden haben, erkennt man auch in den Kommentarspalten. Verwunderlich, sind die Befunde Tag ein, Tag aus wieder zu finden in unserem Alltag im Umgang mit Kindern, Erwachsenen und auch weiteren Säugetieren die so auf dem Planeten Erde zu Hause sind. 

Zurück zum Fall:

Hundebesitzer hat Hund in Obhut anderer Person gegeben. Ist selber in den Ferien. Der Hund besucht eine Artspezifische Hundeschule (was mir so noch nichts sagt) Nachbarn haben den Hund nicht vorher als "auffällig" beschrieben. (auch dies nicht wirklich eine verwertbare Aussage)

Tathergang: Der Hund nutzt die Lücke beim Versuch des Einsperrens in den Zimmerzwinger um aus dem Fenster zu springen und das Kind zu attackieren. Er beisst in die Genitalien und Gesicht.

Der Hund sitzt nun im Tierheim, Behörden informiert. 

Soweit die nach Aussen getragenen Fakten. Mehr gibt es nicht zu berichten.

Lassen wir es auch dabei und wünschen den Beteiligten GUTE BESSERUNG. 

Aus aktuellem Anlass verwiese ich auf ein Webinar über 3 Abende des Hundezentrums Mittelfranken "wenn Liebe blutig wird".

Auch Vanesse Bokr von der HellhoundFoundation hat zum Thema Hundebisse ein Webinar gegeben was über ihre Seite zu kaufen ist.

Auch Peredita Lübbe Scheuermann und Aurea Verebes widmen sich eingehend der Bissprävention und bieten Lehrgänge und Seminare an.  

Nur ein paar, denen ich aus eigener Erfahrung in meiner Ausbildung als kompetente Kollegen ans Herz lege zwecks Vertiefung zu diesem Thema.  

Wenn Menschen hierzu weitere Fragen haben, sich Sorgen machen über ihren eigenen Hund und ad hoc Verhaltensfragen haben, so können sie sich gerne an mich wenden. Gehe methodisch vor und scheue mich nicht, andere Kollegen mit zu Rat zu ziehen. 

Nachtrag am 26.05.2023; 

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Der Hund wurde nach eingehender Begutachtung seitens VetAmt eingeschläfert. Ja es ist grausam, wird hier einem jungen Hund das Leben geraubt. Andere werden das Ergebnis bejubeln und sich weiter aufregen, gibt es überhaupt Hunde unter uns, die das anrichten können.

Der Befund zeigt aber auch, dass hier Problemfelder vorlagen, die der Besitzer nicht mehr verantworten konnte. Es ist eine furchtbare Entscheidung die er da getroffen hat, bestimmt auch mangels sicherer Alternative verbunden aber mit der Gewissheit, dass von seinem Hund nie wieder solch eine Gefahr ausgehen wird. 

Wir streiten uns oft über das Retten der Hunde und lassen ausser Betrachtung, was das ggf. heisst. Gutes Jahrzehnt gesteigerte Aufsicht über 365 Tage im Jahr rund um die Uhr, inkl. Training mit dem immer schlummernde Restrisiko des erneuten Angriffs. Evtl. Lebenslang wegsperren und im Hochsicherheitstrakt eines Tierheims hinter Mauern leben dürfen. Die Plätze hierfür sind dünn gesät und können auch nicht jeden Hund aufnehmen.

Dieser Hundehalter hat die Entscheidung getroffen, dass er seinem Hund keinem anderen anvertrauen mag und das er selber, dieses Verantwortung nicht mehr tragen kann.

Was wir hiermit aber immer noch nicht Wissen und somit letztendlich uns kein Urteil zum Ergebnis zusteht, ist, was dem Hund fehlte und wie er wurde, wie er geworden ist.  

Wünsche dem Kind Gute Besserung und all den weiteren Beteiligten Kraft und Ruhe, um hieraus Lehren zu ziehen und diese Entscheidung tragen lernen zu können. 

Ruhe in Frieden junger Hund.

Für die Besitzer solcher Hunde, wo Euthanasie wegen Aggression/Beissvorfällen der letzte Weg ist, gibt es auf Facebook eine geschlossenen Gruppe "loosing Lulu". Hier können Besitzer sich Hilfe holen im Verarbeiten ihrer Schuld und Trauergefühle nachdem ihr Hund eingeschläfert wurde. Sie bekommen Hilfe im Umgang mit den Vorwürfen seitens Dritter und finden in der Gemeinschaft Gleichgesinnte, die diesen schweren Gang auch machen mussten und versuchen Antworten auf die vielen offenen Fragen zu finden.